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Was gehört zu After Care und wie gelingt sie?


Um diese Frage zu beantworten, sollten wir uns ansehen, was bei After Care eigentlich geschieht - nicht in der konkreten Methode (immerhin ist diese individuell), sondern im Ergebnis (das für gewöhnlich immer das gleiche ist bzw. sein sollte). Das Ergebnis nämlich von gelungener After Care ist ein psychisch stabiler und emotional ausgeglichener Zustand, in dem beide entspannt sind und Vertrauen in die Beziehung bzw. die Spielkonstellation sowie in das Gegenüber haben. Auf Basis dieser Zustandsbeschreibung lässt sich auch recht leicht aufschlüsseln, was eigentlich das Ziel ist. Und wenn man das Ziel kennt, kann man einen individuellen Weg erarbeiten. Es geht also um:

  1. Psychische Stabilität

  2. Emotionale Ausgeglichenheit

  3. Zustand der Entspannung

  4. Vertrauen in die Beziehung

  5. Vertrauen ins Gegenüber

Wenn wir uns diese Stichworte nicht als feste Richtlinien vorstellen (dafür ist das gesamte Konzept zu sehr von individuellen Faktoren abhängig), sondern als Anhaltspunkte, dann können wir ein paar beispielhafte Strategien durchgehen, um dorthin zu kommen.


1. Psychische Stabilität

Eine allgemeine psychische Stabilität sehe ich hier erstmal mehr als Voraussetzung denn als Ziel von gelungener After Care. Damit meine ich, dass ich die beste After Care leisten kann, wer eben vorher schon psychisch nicht stabil war, dem wird es danach vielleicht auch nicht gut gehen und das unabhängig von der Session oder der After Care. Das klingt jetzt recht profan und vielleicht offensichtlich, aber ich füge das bewusst hinzu, weil es eine Entlastung sein kann, wenn einem bewusst wird, dass man alles tun kann und alles richtig machen kann: Am Ende gehört immer Eigenverantwortung dazu. Es gehört immer dazu, dass beide sich schon vor der Session in der Lage dazu fühlen. Dass beide sich selbst gut genug kennen, um einschätzen zu können, ob eine Session gerade gut tut oder eher schief gehen könnte. Damit meine ich nicht (nur) Menschen, die generell psychisch nicht stabil sind, vielleicht sogar ernst zu nehmende psychische Schwierigkeiten haben, sondern auch Menschen, die gerade einfach nur durch eine schwierige Phase gehen, etwas verarbeiten oder (sehr verbreitet) auch ein Paar, das gerade einen großen Streit hinter sich hat. Eine Session kann dann reinigend und intensiv sein, aber eben auch das Gegenteil. Wenn einer von beiden den Streit oder eine Verletzung vielleicht noch nicht verarbeitet hat, werden Handlungen innerhalb der Session vielleicht persönlich genommen. Gerade demütigende oder schmerzhafte Handlungen sind dann heikel, weil sie in diesem Zustand oft destruktiv sein können. Klar ist also: Psychische Stabilität ist eine Grundvoraussetzung, die vorher schon gegeben sein sollte. Gute Vorsorge ist also gute Nachsorge.

2. Emotionale Ausgeglichenheit

Dieser Punkt eignet sich einerseits gut für Menschen, die vielleicht gerade dabei sind, in die Welt des BDSM einzusteigen und noch keine oder nur wenig Vorstellungen davon haben, wie man After Care denn nun konkret gestaltet. Und andererseits für Menschen, die eher pragmatisch sind und gern konkrete Lösungen an die Hand bekommen. Mit emotionaler Ausgeglichenheit meine ich exakt das: Sich die eigenen Emotionen ansehen, die während der Session aufkamen, und sie im Anschluss an die Session mit ihren Entsprechungen ausgleichen. So wäre also wichtig, nach einer eher körperlichen und schmerzhaften Spanking-Session anschließend Zärtlichkeit und Sanftheit zu erfahren. Vielleicht fanden auch Demütigungen und Erniedrigungen statt - dann ist es wichtig, im Anschluss umso mehr Wertschätzung und Zuneigung zu zeigen. Ähnlich verhält es sich mit Emotionen, die durch körperliche Zustände hervorgerufen werden: Zum Beispiel gibt es Sessions, in denen jemand ganzkörperfixiert oder eingesperrt war - dann ist es wichtig, anschließend bewusst wahrzunehmen, wie frei der eigene Körper ist, selbst gewählte Bewegungen bewusst zu fühlen oder in eine bewusst tiefe Bauchatmung zu gehen. In erster Linie gilt das aber für alles, was emotional geschieht. Besonders wichtig ist es dann, wenn die Inhalte einer Demütigung die Realität betreffen. Bei Anfängern ist mein Rat immer: Demütigungen sollten immer fern der Realität sein. Es gibt aber natürlich Spiele, die gerade deshalb erregen, weil sie die Realität betreffen. Sätze wie „du kriegst einfach nicht genug“ oder Spiele wie SPH (also die Demütigung eines kleines Penis) haben oft die Realität zur Basis. Gerade hier ist genau dieser Punkt sehr wichtig: Was in der Session zur (sexuell erregenden) Demütigung genutzt wurde, müssen wir anschließend ausgleichen, damit sie in unserem Unterbewusstsein nicht hängen bleiben, sondern unser Unterbewusstsein am Ende nur die gesamte Erfahrung speichert: Und diese Erfahrung sollte geprägt sein von sexueller Erregung, Lust, Nähe, Verbundenheit und intensiven positiven Gefühlen. Bei der After Care ist es also zentral, Gefühle wie Wertschätzung, Zuneigung und Wärme zu vermitteln. Und das gilt wiederum für beide: Der passive Part erfährt Demütigung oder Schmerz oder das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Er braucht als Ausgleich Wertschätzung und Zuneigung. Der aktive Part hat Demütigung oder Schmerz zugefügt, er braucht also die Erfahrung, Zärtlichkeit und Wertschätzung zu geben. Übung: Als kleine, erste Übung, die sich für Unerfahrene eignet, könnte man also Sessions Revue passieren lassen oder geplante Sessions durchgehen und sich wirklich überlegen oder gar aufschreiben, welche Gefühle in mir und meinem Gegenüber durch einzelne Handlungen ausgelöst werden können. Anschließend überlege ich mir die jeweilige Entsprechung und notiere mir vielleicht sogar schon eine Möglichkeit, dieses Gefühl zu vermitteln oder auszudrücken. Natürlich ist dieses Vorgehen recht pragmatisch und es geht nicht darum, Listen abzuhaken. Den meisten Menschen gelingt dieser Ausgleich ganz intuitiv. Aber als erste Richtung und als Übung für Menschen, die gerade einsteigen, ist das oft ein guter Anfang.

3. Zustand der Entspannung

Wir sollten erst einmal die Frage klären, was Entspannung überhaupt ist. Entspannung ist ein psychischer und physischer Zustand, der sich auch an diesen beiden Bereichen festmachen lässt: Wenn wir entspannt sind, empfinden wir (subjektiv mehr oder weniger deutlich wahrnehmbar) ein Gefühl der Gelöstheit und der Ruhe. Dieses Gefühl lässt sich auf 2 Ebenen wahrnehmen: auf der körperlichen und der emotionalen. Interessanterweise spielt hier aber der Körper eine deutlich größere Rolle als die meisten Menschen ahnen. Und genau hier wird der Exkurs wichtig, in dem wir schon gelernt haben, wie der menschliche Körper auf Stress reagiert und was es mit Adrenalin auf sich hat. Das Gegenteil von Entspannung ist Anspannung. Anspannung ist im Grunde Stress. Man könnte also durchaus sagen, eine BDSM Session erzeugt Stress für unseren Körper. Das ist nichts Schlechtes - immerhin gibt es auch positiven Stress (auch das oben erwähnte Lampenfieber versetzt unseren Körper in Stress, aber der Großteil aller Schauspieler würde gerade diesen Zustand nicht missen wollen). Dennoch ist es eben im Sinne des Ausgleichs wichtig, den Stress nach der Session zu reduzieren und vor allem (und das ist noch wichtiger), ihn reguliert zu reduzieren. Während der Session schüttet der Körper Adrenalin aus, vielleicht sogar kombiniert mit Endorphinen, Oxytocin und Dopamin. Also geschlechts-, Glücks- oder Bindungshormonen, die zu allerhand körperlichen Reaktionen führen. Kurz: Unser gesamter Organismus arbeitet auf Hochtouren. Da diese Reaktion des Körpers nie ein Dauerzustand ist, reguliert der Organismus sich von selbst, baut also Hormone wieder ab, darunter auch Adrenalin, und fährt wieder herunter. Hier ist der Punkt, den wir uns genauer ansehen sollten: Entweder wir helfen unserem Körper (bzw. dem Körper unseres Gegenübers), diesen Abbau zu regulieren und wieder Schritt für Schritt sanft auf dem Boden zu landen, oder wir verpassen diesen Punkt und der Abbau kommt von einen Schlag auf den anderen. Erfahrungsgemäß endet ein zu schneller Abbau oft im Drop, also in einem mehr oder weniger schlimmen emotionalen Tief. Es geht also nicht darum, diesen Abbau zu verhindern (das wäre weder möglich noch gesund), sondern darum, ihn zu regulieren und sanft stattfinden zu lassen. Wie wir Emotionen ausgleichen können, haben wir uns angesehen - auch das trägt zur Regulierung dieses Abbaus bei. Aber wie können wir unseren Körper direkt dabei unterstützen? Wichtig ist, bei der Basis zu beginnen und dann zu schauen, was gebraucht wird. Mit „Basis“ meine ich hier die grundlegendste Funktion: Den Kreislauf. Wenn der Kreislauf nicht mitspielt, müssen wir auch keine Gespräche führen und keine Zärtlichkeiten austauschen. Wem schlecht ist oder schwindelig, der ist nicht empfänglich für Zärtlichkeiten. Zuerst geht es also darum, den Kreislauf zu stabilisieren: Ein Stück Schokolade oder eine Banane für den Zuckerhaushalt und die schnelle Energie ist hier nie verkehrt. Ein Glas Wasser für den Flüssigkeitshaushalt tut sein Übriges. Wer tatsächlich Schwindel oder Übelkeit empfindet (das gilt nicht nur After Care, sondern auch jeden Zeitpunkt vor bzw. während der Session), sollte die Beine hochlegen. Unmittelbaren Einfluss auf unseren Kreislauf und noch wichtiger: auf unser Nervensystem hat unsere Atmung. Wenn die Basis stimmt (also unser Kreislauf stabil ist), ist der nächste Schritt, das Nervensystem zu beruhigen - also zu suggerieren: Der Stress ist vorbei, du kannst dich entspannen. Das funktioniert erwiesenermaßen sehr effektiv über die richtige Atemtechnik - also eine bewusste, langsame, tiefe Zwerchfell- bzw. Bauchatmung. Eine nicht zu verachtende Rolle spielen hier auch Ruhe und Zeit. Ruhe im Sinne der Reduktion von äußeren Reizen, und Zeit, weil jeder Körper für den Abbau von Adrenalin unterschiedlich viel Zeit benötigt. Diese beiden Faktoren spielen in unterschiedlichen Session-Kontexten eine Rolle. Wer zum Beispiel auf einem Event bzw. in der Öffentlichkeit spielt, sollte nach der Session eine ruhige Ecke aufsuchen, in der das Nervensystem die Gelegenheit hat, sich zu beruhigen und nicht damit beschäftigt ist, neue Reize verarbeiten zu müssen. Zeit spielt eine Rolle, wenn beide an unterschiedlichen Orten wohnen und man sich nur für die Session trifft: Hier wird häufig unterschätzt, dass man unmittelbar nach der Session durchaus ruhig und gelassen wirken kann, was aber auch eine Auswirkung des Adrenalins sein kann. Manchmal beginnt der Adrenalin-Abbau erst später oder findet dann steiler statt, vielleicht wenn das Gegenüber sich schon verabschiedet hat. Manchmal entsteht der Trugschluss, dass das Alleinsein der Auslöser für den Drop ist, während in Wahrheit der Körper einfach nur mehrere Stunden braucht, um sich zu regulieren. Natürlich lässt sich das nicht pauschal sagen und häufig ist der Abschied tatsächlich ein Auslöser für negative Gefühle - aber es ist wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass es hier unterschiedliche Mechanismen geben kann.

4. Vertrauen in die Beziehung

Dieser Punkt ähnelt dem Aspekt der psychischen Stabilität insofern als beide nichts sind, was man akut in der After Care erzeugen kann, wenn sie vorher nicht einigermaßen vorhanden waren. Vorab: Als Beziehung bezeichne ich hier alle Arten von „Beziehungen“, also von der Spielpartnerschaft bis zur monogamen Ehe. Sie alle sind ja „Beziehungen“. Aber was bedeutet überhaupt Vertrauen in die Beziehung? Natürlich ist es etwas, das immer postuliert wird. Etwas, das jeder bejaht. Etwas, das alle für wichtig halten: Vertrauen ist oft das Schlagwort. Aber wenn wir ein wenig konkreter werden wollen, stellt sich doch die Frage „Wie entsteht Vertrauen und was bedeutet es, in eine Beziehung zu vertrauen?“ Diese Frage zu beantworten ist unmöglich, weil die Antwort hier wieder völlig individuell wäre, aber einen Versuch ist es wert. Ich halte Vertrauen für ein Gefühl, vielleicht sogar einen Zustand, der 1. auf Gegenseitigkeit beruht und 2. nicht von allein entsteht, sondern aufgebaut werden muss. Warum trenne ich aber Vertrauen in die Beziehung und Vertrauen ins Gegenüber? Weil es eine Sache ist, einem Menschen - vielleicht sogar nur für einen Abend - zu vertrauen. Und eine ganz andere Sache, in eine Beziehung zu einem Menschen zu vertrauen. Der Mensch kann sein Vertrauen für zwei Stunden beweisen, aber die Beziehung bleibt über eine Session hinaus bestehen - und das ist der Punkt: Ich halte für intensive BDSM Erfahrungen eine stabile Grundlage für essentiell. Natürlich sind auch im BDSM einmalige Erfahrungen möglich, aber wer sich wirklich fallen lassen möchte, muss darin vertrauen können, aufgefangen zu werden. Und dieses Auffangen - die After Care - findet nicht nur in der Session und eine halbe Stunde danach statt, sondern basiert auf einem vertrauensvollen Miteinander. Wie könnte ich einem Menschen für die halbe Stunde nach der Session seine Wertschätzung wirklich glauben, wenn er sich die nächsten Wochen nicht mehr meldet, mich ignoriert, mich im Alltag schlecht behandelt, usw. Hier liegt der Kern: Wie authentisch ist die durchdachteste After Care für einen kurzen Zeitraum nach der Session, wenn die zwischenmenschliche Basis nicht stabil ist? BDSM basiert auf Vertrauen, auf Augenhöhe im Miteinander, auf Respekt und Wertschätzung. Wenn ich hier authentisch sein will, wenn ich After Care ernst meine, darf ich mein Gegenüber nicht nur während der Session demütigen und eine Stunde nach der Session streicheln. Ich muss eine Basis herstellen, auf der dieser Mensch mir grundlegend vertraut - nicht als Dom oder Sub, nicht als Mann oder Frau, sondern als Mensch. Das heißt konkret: Für gesunden, wertschätzenden, lustvollen BDSM und authentische After Care muss ich in der Lage sein, eine Beziehung zu einem Menschen herzustellen und aufzubauen, in der ich ehrlich bin, auf (auch BDSM unabhängige) Bedürfnisse eingehe und eigene Bedürfnisse ehrlich kommuniziere, um meinem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, sie wahrzunehmen. Ich sollte meine und seine Grenzen kennen oder kennenlernen, ich sollte klar kommunizieren, ich sollte der Beziehung (also der zwischenmenschlichen Beziehung) einen Rahmen geben, mit dem wir beide uns wohl fühlen.


Das bedeutet, es geht um Fragen wie: Sind wir ein „klassisches Paar“? Sind wir monogam? Sind wir poly? Sind wir platonische Freunde, die aber spielen? Sind wir undefiniert, weil wir von Definitionen nichts halten? Gibt es Regeln oder verzichten wir bewusst auf Regeln? Treffen wir uns mit anderen und wie groß muss der Abstand sein zwischen einer Session und einem Treffen mit anderen, damit beide sich wohl fühlen? Welche Fragen hier den Rahmen am Ende abstecken und wie offen dieser Rahmen ist, ist völlig individuell. Wichtig ist, dass Kommunikation herrscht. Dass gegenseitiges Vertrauen besteht in eine ehrliche, stabile Beziehung - welcher Art auch immer. Und diese Art kann tatsächlich bedeuten, "man lebt monogam und teilt sich einen Haushalt“ genauso wie „man trifft sich alle zwei Monate für einen Abend und hat einvernehmlich abgesprochen, dass man sich zwischendurch nur zwei Emails schreibt, weil es sich für beide stimmig anfühlt“. Die konkrete Form des Umgangs spielt keine Rolle. Die Art und Weise zählt. Nur wenn ich weiß, mein Gegenüber verhält sich mir gegenüber grundlegend ehrlich und wertschätzend, kann ich After Care authentisch annehmen oder geben.

5. Vertrauen ins Gegenüber

Wenn also Vertrauen in die Kommunikation, in die Beziehung herrscht, dann ist die Basis gelegt. Aber so groß das Vertrauen in einen Menschen sein mag, es benötigt eben auch Vertrauen in den/die Dom bzw. den/die Sub. Das heißt, all die oben genannten Kriterien können erfüllt sein, es wird viel geredet, man vertraut sich im Alltag, als Paarkonstellation, man verhält sich aufrichtig: In der Session sind wir aber nicht exakt der Mensch, der wir sonst sind. Oder sagen wir besser: wir sind in einer anderen Rolle. Wichtig ist, jeder dieser Rollen, die ich und mein Gegenüber einnehmen, vertrauen zu können. Ich sollte als passiver Part meinem Gegenüber zu 100% vertrauen, dass er oder sie meine Grenzen ernst nimmt, auf mich achtet, auf Zeichen hört, usw. Ich sollte darauf vertrauen, dass sich kein „Blutrausch“ entwickelt und sich die Dominanz nicht mehr bremsen lässt. Ich sollte darauf vertrauen können, dass es vielleicht auch mal andere, negative Erfahrungen gibt, dass Fehler gemacht werden, aber dass anschließend reflektiert darüber gesprochen wird und daran gearbeitet wird, es besser zu machen. Und ich sollte als aktiver Part darauf vertrauen können, dass mein Gegenüber mir seine Grenzen ehrlich kommuniziert oder im Zweifel gesagt hat, dass er oder sie die eigenen Grenzen nicht kennt. Ich sollte darauf vertrauen, dass er im Zweifel sein Safe Word verwenden würde, um mich nicht in die Situation zu bringen, dass ich unwissentlich und in bester Absicht weitermache und dabei, vielleicht ohne es ahnen zu können, Grenzen überschreite. All diese Aufzählungen scheinen offensichtlich zu sein und gelten insgesamt als wichtig im BDSM, im Sinne von Grenzen und Sicherheit. Warum ist es also konkret für die After Care so wichtig? Aus demselben Grund wie der Punkt "Vertrauen in die Beziehung“ - weil glaubhafte, authentische After Care nur möglich ist, wenn ich dem Menschen auch außerhalb dieses Prozesses vertrauen kann. Wenn der aktive Part in der Session mehrfach meine Grenzen überschreitet, dann kann ich ihm anschließend die Fürsorge nur schwer abnehmen. Das lässt mich als passiven Part in tiefem Zweifel und unguten Gefühlen zurück. Wer mir als passiver Part ständig erzählt, er kenne seine Grenzen und ich solle doch weitergehen, aber anschließend überschreite ich unwissentlich eine Grenze, die dazu führt, dass es meinem Gegenüber nach der Session nicht gut geht - wie soll ich dann gelungene After Care leisten? Woher soll ich wissen, ob das kommunizierte Bedürfnis nach Nähe oder Abstand nicht auch unehrlich oder falsch eingeschätzt war? Woher soll ich dann als aktiver Part wissen, was das Gegenüber wirklich braucht? Das wiederum lässt mich als aktiven Part zurück mit dem Gefühl, jemanden (wenn auch ungewollt) schlecht behandelt zu haben und es nicht wieder gut machen zu können. Vertrauen in die Stabilität und Authentizität von Beziehungskonstellation, Mensch und Dom bzw. Sub ist die Basis für gelungene After Care. Wer anhaltende Schwierigkeiten in der Beziehung sieht, Vertrauensbrüche erlebt, unehrliche Kommunikation ahnt, der sollte vor der Session an der Basis arbeiten, damit nach der Session überhaupt die Möglichkeit zum Auffangen besteht. Fallenlassen ist nur möglich, wenn ich sicher sein kann, ich werde aufgefangen.


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